Schlichten statt richten

Erfolgreiche Mediation im Betrieb setzt Vertrauen und Vertraulichkeit voraus – besonders im Familienunternehmen.

Mitarbeiter A, Ende 40, arbeitet seit 25 Jahren im mittelständischen Handwerksunternehmen und hat in den letzten fünf Jahren den Betrieb mehr oder weniger geleitet. Der Seniorchef B hat A kontinuierlich in die Führungspositionen eingearbeitet und A in Aussicht gestellt, dass er den Betrieb einmal übernehmen kann. C, der Sohn von B ist Mitte 20, hat im elterlichen Betrieb gelernt und absolviert zurzeit die Meisterschule. Als B in Ruhestand gehen will, verkündet er vor versammelter Belegschaft, dass nicht A Chef wird, sondern sein Sohn C. A ist wütend und will den Senior verklagen, weil der sein Wort gebrochen hat.

“Das ist ein typischer Fall, in dem der Mediator gefordert ist”, sagt Steuerberater Holger Latzel. Die Mediation ist ein Verfahren der außergerichtlichen Streitbeilegung. Die Vermittlung erfolgt durch die Einbeziehung eines neutralen Dritten (Mediator), der in dem Konflikt vermittelt, aber keine Entscheidungsbefugnis hat. Latzel, selbst ausgebildeter Wirtschafts-Mediator, sagt: “Schlichten lassen ist immer besser als richten lassen.” Das außergerichtliche Konflikt-Management ist in aller Regel nicht nur deutlich günstiger als der Gang vor den Richter.

Wer frewillig, selbständig und eigenverantwortlich unter Vermittlung eines Mediators den Streit beilegt, hat gleich mehrere Vorteile auf seiner Seite. Die Streithähne bleiben im Gespräch, häufig entwickelt sich im Anschluss wieder ein entspanntes Arbeitsverhältnis. Die Stimmung im Unternehmen kippt nicht, sondern es entwickelt sich nicht selten ein neues Teamgefühl, was dem Betrieb zugute kommt und die Mitarbeiter motiviert. Und: Niemand verliert sein Gesicht, kann mit erhobenem Haupt aus dem Streit hervorgehen und von sich sagen: Ich habe dazu beigetragen, dass es der Firma weiterhin gut geht.

“Erfolgreiche Mediation ist über den Tag hinaus ein Gewinn auf allen Ebenen für das Unternehmen”, so Steuerberater Latzel. Voraussetzung einer erfolgreichen Mediation ist, dass ein Vertrauensverhältnis besteht zwischen Mediator und Unternehmen. Der Mediator wiederum muss vertraulich vorgehen. Er sammelt und sortiert zunächst die Fakten, arbeitet die Konfliktursachen heraus und moderiert den Lösungsprozess. Die Parteien sollten sich auf Augenhöhe am runden Tisch begegnen und auf ihre Sachthemen konzentrieren. “Am Ende sollten sie sich die Hand reichen und mit einem guten Gefühl wieder an ihre Arbeit gehen”, so Holger Latzel, der selbst aus einem mittelständischen Handwerksbetrieb kommt und das Gefahrpotenzial solcher Konfliktherde genau kennt. Neben der Unternehmensnachfolge sind auch Konflikte zwischen zwei Unternehmen, zwischen Unternehmen und Behörde oder zwischen Mitarbeitern oder Abteilungen innerhalb des Betriebs Auslöser von Streitigkeiten.

Wie hat Steuerberater Latzel den oben beschriebenen Fall gelöst? “Nicht ich habe den Knoten durchschlagen, sondern die Parteien sind nach eingehender Analyse und Darstellung der Pro’s und Contra’s unter meiner Vermittlung zu der Überzeugung gekommen, dass A Chef wird, der Junior C seine Meisterschule in Ruhe abschließen und von A sukkzessive an Führungsaufgaben herangeführt wird. Senior B war von dieser Lösung so begeistert, dass er sich auch künftig in den Betrieb einbringt und representative Aufgaben übernimmt.

Latzel: “Dieser Prozess hat nicht nur Blockaden gelöst und nachhaltig zur Stabilität des Unternehmens beigetragen, sondern sich äußerst positiv auf den unternehmerischen Erfolg ausgewirkt.” Die Mediation hat dazu geführt, dass sich die Mitarbeiter wieder wertschätzend gegenüber treten und an einem Strang ziehen. Hätten sich die Fronten verhärtet und A wäre vor Gericht gezogen, wäre es nicht nur teuer und imageschädlich für das Unternehmen geworden, sondern hätte perspektivisch wohl auch Arbeitsplätze gekostet.

Noch ein Tipp von Steuerberater Latzel: Damit es erst gar nicht zu solchen zugespitzten Situationen insbesondere in der Unternehmensnachfolge kommt, sollten familiengeführte Betriebe sich schon frühzeitig an einen Mediator ihres Vertrauens wenden. “Wenn die Emotionen hochschlagen und Kraftausdrücke statt Argumenten auf den Tisch kommen, ist es häufig schon zu spat für eine einvernehmliche Schlichtung.”

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