Fair abschreiben

Vermietete Eigentumswohnung steuerlich günstig ansetzen: Gutachter muss den Grundstücksanteil bewerten. 

Wer eine vermietete Eigentumswohnung zu Abschreibungszwecken erwirbt, muss im Zweifelsfall nicht den vom Bundesfinanzministerium aus einem Vorlagenkatalog vorgegebenen Anteil für Gebäude und Grundstück akzeptieren. Darauf verweist Latzel Steuerberater und beruft sich auf eine aktuelle Grundsatzentscheidung des Bundesfinanzhofs. Der Erwerber einer Eigentumswohnung hat vielmehr ein Anrecht, dass die Finanzbehörde ein Gutachten eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen für die Bewertung zu Rate zieht. „Hierdurch ergeben sich nicht selten beträchtliche Unterschiede, die Einfluss haben auf die Höhe der Abschreibung“, sagt Kanzlei-Inhaber Holger Latzel.

Auslöser der Diskussion, so Latzel, sei folgender Fall, der die Finanzgerichte beschäftigt hat: Eine Käuferin hat eine vermietete Eigentumswohnung in einer Großstadt für 110.000 € erworben. Laut Kaufvertrag sollten davon 20.000 € auf das Grundstück entfallen. Dementsprechend ging die Klägerin für Abschreibungszwecke von einem Gebäudeanteil von rund 82 % aus. Hingegen ermittelte das Finanzamt einen Gebäudeanteil von nur 31 %. Dabei legte die Behörde die vom Bundesfinanzminister im Internet bereitgestellte „Arbeitshilfe zur Aufteilung eines Gesamtkaufpreises für ein bebautes Grundstück (Kaufpreisaufteilung)“ zugrunde. Das Finanzgericht wies die Klage der Frau ab und sah in der „Arbeitshilfe“ ein geeignetes  Wertermittlungsverfahren, um die Marktangemessenheit einer vertraglichen Kaufpreisaufteilung widerlegen zu können. Laut Finanzgericht sei die „Arbeitshilfe“ eine geeignete Schätzungshilfe.

„Arbeitshilfe“ zu engmaschig

Dem ist der Bundesfinanzhof als höchste Finanzgerichtsbarkeit entgegengetreten. Die „Arbeitshilfe“ gewährleiste in diesem Fall die von der Rechtsprechung geforderte Aufteilung nach den realen Verkehrswerten von Grund und Gebäude keineswegs. Die Sichtweise der „Arbeitshilfe“ sei zu engmaschig, so die Münchener Richter in oberster Instanz. Das Bewertungsverfahren sei auf ein vereinfachtes Sachwertverfahren reduziert worden, was dem Fall nicht gerecht werde. Auch sei der in großstädtischen Ballungsräumen relevante Regionalisierungsfaktor bei der Ermittlung des Gebäudewerts unberücksichtigt geblieben.

Holger Latzel: „Wer also beim Erwerb einer vermieteten Eigentumswohnung mit der vom Finanzamt angelegten Bemessung nicht einverstanden ist, tut gut daran, ein Gutachten einzufordern.“ Das könne am Ende des Tags zu einer beträchtlichen Steuerersparnis führen. Grundsätzlich, so Latzel Steuerberater, sei Eigentum eine solide Vermögensanlage, die vom Staat gestützt werden sollte.

Latzel: Steuerschraube nicht überdrehen

Die Steuerfessel sollte also nicht über Gebühr und lediglich auf der Grundlage von vereinfachten Parametern angezogen werden. Vielmehr müsse genauer hingeschaut werden. Ansonsten könnten Anreize für attraktive Eigentumsmodelle staatlicherseits konterkariert werden, wie der vorliegende Fall zweifelsohne beweise. Latzel: „Aus meiner Sicht ist dies ein gutes Grundsatzurteil, das der Realität Rechnung trägt und die nötige Flexibilität einfordert.“

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